4-Tage-Woche - Utopie oder Chance?
Autor:
Thomas Grab
Die 4-Tage-Woche ist schon lange mehr als nur ein Trend oder eine Idee. Bereits mehrere Unternehmen haben dieses Arbeitszeitmodell ausgetestet und für gut befunden. Island begann 2015 mit dem Probelauf der 4-Tage-Woche. Die Testergebnisse waren konstante Produktivität und gleichbleibende Leistungen.
Die Anzahl der Überstunden blieb ebenfalls konstant.
Außerdem konnten im Allgemeinen weniger Krankheitsfälle festgestellt werden. Der zusätzliche freie Tag in der Woche bietet mehr Zeit zum Auskurieren und Ausruhen.
Viele Mitarbeiter haben während der Testphase begonnen, den freien Tag für sich zu nutzen, indem sie mehr Sport trieben, oder die Zeit und Ruhe in der Natur genossen haben.
Dies führte nicht nur zu einem allgemein besseren Gesundheitszustand, sondern auch zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit.
In Spanien wurde das Arbeitszeitmodell im Herbst 2021 getestet. Die Idealvorstellung war, durch die verkürzte Arbeitswoche mehr Arbeitsplätze (Vollzeitstellen) zu schaffen. Denn die Quantität der Arbeit sollte nicht nachlassen und wäre für eine Person bei gleicher Anzahl an Tagesstunden nicht machbar.
Die Umstellung wurde allerdings noch nicht durchgesetzt. Grund ist, dass mit Verkürzung der Arbeitszeit gleichzeitig Gehälter und Sozialversicherungsbeiträge sinken – zum Nachteil der Arbeitnehmer.
Dort steht die 4-Tage-Woche noch in Diskussion.
Für welche Unternehmen eignet sich das Arbeitszeitmodell?
Es gibt ein Unternehmen in Deutschland, welches die 4-Tage-Woche bereits mit Erfolg umsetzen konnte, die CIB Group.
Die CIB Group ist ein internationales Softwareunternehmen für Informationstechnologie, welches sich auf die Optimierung von Geschäftsprozessen spezialisiert hat. Hauptsitz der Firma ist München, weitere Niederlassungen liegen in Österreich und Spanien.
Das Unternehmen hat die 4-Tage-Woche im Jahr 2021 erfolgreich eingeführt – zu Gunsten der Firma und der Arbeitnehmer. Damit sind sie anderen Firmen weit voraus.
Worin unterscheidet sich die Umsetzung gegenüber anderen Firmen?
Was CIB anders macht, ist, dass Gehälter und Urlaubsansprüche wie zuvor bestehen bleiben. Statt einer 40-Stunden-Woche sind es nur noch 36 Stunden pro Woche.
Die Arbeitszeit hat sich auf neun Stunden täglich erhöht, womit Arbeitnehmern in Summe dennoch vier Stunden in der Woche geschenkt werden.
Möglich ist dies durch Prozess- und Ablaufoptimierung. Das Modell wurde gleichzeitig als Chance gesehen, Mitarbeiter von zeitraubenden Routineaufgaben zu entlasten. Diese sollten mit Hilfe eigener Innovationen des Unternehmens und zunehmender Digitalisierung gestrichen werden.
Personalchefin des spanischen Tochterunternehmens, Cristina Silvera betonte: „Unsere Mitarbeiter werden nicht schneller arbeiten müssen, um den Zeitverlust auszugleichen”.
Das Ziel sei, eigene Arbeitsprozesse auf den Prüfstand zu stellen, Routinearbeiten zu hinterfragen und durch neue, effiziente Arbeitsprozesse abzulösen.
Doch nicht für jede Branche ist dieses Arbeitszeitmodell so effektiv oder überhaupt vorstellbar. Zwar haben mehrere Unternehmen international die 4-Tage-Woche getestet und positive Auswirkungen feststellen können, dennoch hapert es an der letztendlichen Umsetzung.
Nicht alle Arbeitsprozesse lassen sich mühelos ersetzen oder mithilfe von Digitalisierung ablösen.
Dadurch liegt ein erhöhter Druck auf den Mitarbeitern, das gleiche Maß an Leistung in weniger Zeit zu schaffen.
Eine weitere Hürde ist, dass dennoch die meisten Unternehmen weltweit nach der 5-Tage-Woche arbeiten.
Eine Umstellung würde also auch bedeuten, sich von der Konkurrenz herabzusetzen.
Der dritte freie Tag der Woche ist nämlich gleichzeitig einer mit verpassten Chancen auf eigenen Verkauf oder Vertragsabschlüssen.
Es ist möglich, dass Liefertermine aufgrund der hohen Kapazitätsauslastung der Produktion nicht mehr wie zuvor eingehalten werden können.
Für Startups ist dieses Modell daher nicht gut geeignet.
Gerade zu Beginn des Aufbaus eines Unternehmens sollte man in den Punkten wie Service und Flexibilität herausstechen – sich von der Konkurrenz auf dem Markt abheben.
Fazit
Ob die Umsetzung des Modells nun mehr Vor- oder Nachteile mit sich bringt, ist vom Unternehmen abhängig und sollte individuell entschieden werden.
Leidet die Kundenzufriedenheit und der daraus folgende Umsatz des Unternehmens, stellt sich dies für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eher als nachteilig heraus.
Für die internationale Industrie, sowie Startup Unternehmen ist dieses Arbeitszeitmodell generell schwieriger. Risiken sich von der Konkurrenz herabzusetzen, sowie verlängerte Lieferzeiten können für Kundenverlust sorgen.
Um Mitarbeitern dennoch entgegenkommen, ist es möglich, flexible Arbeitszeiten anzubieten, sowie die Alternative, tageweise aus dem Homeoffice zu arbeiten.
Durch ein geführtes Stundenkonto besteht für Arbeitnehmer ebenso die Möglichkeit, erarbeitete Überstunden abzubauen. Sei es gelegentlich für einen früheren Feierabend oder private Termine, die wahrgenommen werden müssen (z.B. Arztbesuch).
Dies belastet keine Abläufe des Unternehmens, weshalb für Arbeitgeber nicht die Gefahr besteht, Verluste erfahren zu müssen.